Stellen Sie sich bei, vor Ihnen steht – in wirtschaftlich guten Zeiten – jemand vor der Tür, weist sich als Mitarbeiter einer “seriösen” Firma aus und möchte Ihnen anbieten, sich an einer guten Sache zu beteiligen. Würden Sie ihn sofort vor die Tür setzen? Vermutlich nicht. Man kann sich ja mal anhören, was er zu sagen hat.
Und was er zu sagen hat, klingt nicht schlecht: Mit einem automatisierten externen Defibrilator (AED) kann jeder (!) bei Kammerflimmern und Herzversagen helfen. Der Defibrilator hilft dem Ersthelfer mit akustischen Aufforderungen und gibt auch nur Stromstöße ab, wenn der Patient diese auch wirklich benötigt. Da diese Geräte nicht ganz billig sind, hat sich die Firma überlegt, die Anschaffungskosten auf mehrere Firmen zu verteilen und so die Beschaffung zu ermöglichen.
Um in den Genuss des Sponsorings zu kommen, soll jeder Teilnehmer/Firmeninhaber 1.000,- € für eine Werbefläche auf einem Plakat und einem Flyer bezahlen. Die Größe des Feldes ist allerdings im Vertrag nicht benannt bzw. kann wegen etwaiger “Flächeverschiebungen und ungerader Flächen” nicht erteilt werden.
Wenn man jetzt mal 18 Felder (diese Anzahl ließ sich aus dem Vertrag herauslesen, ggf. noch mehr) mit 1000 multipliziert und davon die Anschaffungskosten von 1500 € (aus gesicherter Quelle wurde mir bestätigt, dass man für 1200 € bereits ein gutes Gerät beschaffen kann), die Kosten für den Außendienstmitarbeiter (sagen wir π x Daumen 1000 €, um die Flächen für den Defi zu verkaufen), sowie die Kosten für den Grafiker und die Druckerei, die den Flyer und das Plakat erstellen (ca. 300 €) ab, bleibt für die Sponsoring-Firma ein Bertrag von mehr als 15000 € – für 2-3 Tage Arbeit.
Wer jetzt noch einen solchen Vertrag abschließt, sollte vorher das Rechenbeispielt nochmal lesen und sich fragen, ob man mit den verbleibenden 15000 € nicht doch lieber noch einen oder zwei Defis beschafft.
In einer Stellungnahme warnte auch das Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises vor einigen Wochen in den Medien:
“(…) Zeitgleich werben Vertreter von anderen Organisationen ebenfalls für Defibrillatoren, auch über sogenannte „Haustürgeschäfte“. Damit verbunden ist in der Regel der Ankauf von Werbeflächen, die Aktionen laufen unter dem Überbegriff „Sponsoring“. Das Landratsamt weist darauf hin, dass bei diesen meist überteuerten Werbemaßnahmen sehr oft Gewinnerzielungsabsichten stehen. Mit der Aktion der Kommunalen Gesundheitskonferenz, die ausschließlich gemeinnützige Ziele verfolgt und bei der kein Gewinn erzielt wird, hat das nichts zu tun. Wer sich informieren möchte und vielleicht sogar Interesse daran hat, einen Defibrillator zu reellen Preisen zu beschaffen, der kann sich im Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises unverbindlich unter der Telefonnummer 06261/841012 melden.”
Sollten Sie einen solchen Vertrag geschlossen haben, kündigen Sie sofort! Man darf gespannt sein, wie die oben genannte Geschichte ausgeht. Sobald ich mehr weiß, werde ich darüber berichten.
P.S. Nein, nicht ich habe mich auf die genannten Machenschaften eingelassen. Der Vertrag wurde mir von dritter Seite zur Verfügung gestellt.